Da so langsam das Wetter wärmer wird und der Frühling kommt, geht auch die Ahornsirup Saison los. Wir waren heute auf einer Erablière, einer Ahornsirupfarm, die Freunden von meinen Gasteltern gehört. Hier einmal ein Überblick über die ganze Tradition und Arbeit, die hinter Ahornsirup steckt:
THE FACTS
Die Provinz Quebec ist weltweit der größte Hersteller von Ahornsirup, mehr als 70% werden hier hergestellt. Der Ahornsirup wird aus dem Zucker- oder Rot-Ahorn im Frühling gewonnen. Im Jahr 2015 wurden ungefähr 53000 Tonnen Ahornsirup produziert. Neben dem landwirtschaftlichen Einkommen öffnen auch Bauern ihre Farmen für Touristen, die sie dann besichtigen können. In der Cabane à sucre, urigen Holzhäusern, die an die Farmen angeschlossen sind, werden auch Sugar Shack Meals angeboten. Quebecoisisches Essen, alles mit Ahornsirup, dazu später mehr.
DIE ERNTE

Ahornsirup wird aus dem Ahornwasser gewonnen. Es wird mit Schläuchen vom Baum abgezweigt und fließt meistens den Berg herab und wird gesammelt. Auf der Erablière, die ich gesehen habe, gab es über 10000 Ahornbäume, und alle Leitungen müssen regelmäßig kontrolliert werden. Vor allem, weil Rehe und Eichhörnchen die Leitungen anknabbern. Das ganze Leitungssystem ist ziemlich kompliziert und bevor es nicht über 0 Grad ist, kann auch kein Ahornsirup gewonnen werden, da sonst das Ahornwasser in den Leitungen einfrieren würde. Unten angekommen, wird das Wasser wieder hochgepumpt, zu der Fabrik. Traditionellerweise wird ein Eimer an jedem Ahornbaum befestigt und das Wasser wird dann gesammelt. Nur in den letzten Jahren haben viele Betriebe modernisiert, um effizienter zu sein. Die Ernte ist ein Ereignis, an dem oft Freunde und Familie teilnehmen und gemeinsam wird dann auch sehr viel Ahornsirup gegessen.
PRODUKTION UND VERKAUF

Nachdem das Ahornwasser in der Produktion gesammelt wurde, wird es eingedampft. Zwar kann man das Ahornwasser einfach so trinken (kann ich sehr empfehlen, es schmeckt nur leicht süß), aber es hat wenig Ähnlichkeit mit dem Ahornsirup aus der Dose. Der Sirup wird eingedampft gefiltert, was in dieser sehr komplizierten Maschine passiert. Generell wird sehr viel Wasser verdampft, sodass nur noch der dickflüssige Sirup zurückbleibt. Wenn es gut läuft, dann kann man aus 40 Litern Ahornwasser 1 Liter Sirup gewinnen, was den hohen Preis erklärt. Gerade am Frühlingsanfang ist das Wasser noch nicht so süß, sodass man oft mehr braucht (gestern war das Verhältnis 80L Ahornwasser -> 1L Sirup). Der Sirup wird in den meisten Fällen in große Fässer gefüllt und an Großbetriebe weiterverkauft. Auf der Erabliere auf der ich war, wird der fertige Sirup vor allem an Großbetriebe weiterverkauft, und an speziellen Tagen wird der Ahornsirup in Dosen umgefüllt, um ihn an Kunden weiterzuverkaufen. Am Frühlingsanfang kann man seine Bestellung aufgeben, damit keine Dosen im Überfluss produziert werden. Meine Gastfamilie hatte eine Gallone (4L) für das gesamte Jahr bestellt, und wir essen bestimmt noch weniger Ahornsirup als der Normalverbaucher.
TOURISMUS UND TRADITIONEN
Gerade im Frühling profitieren die öffentlichen Farmen vom Tourismus. Nach einer Führung durch die Produktion gibt es meistens ein Sugar Shack Meal. Das wird auch gerne mit der eigenen Familie gemacht, aber in normalen (nicht-Corona) Zeiten werden solche Mahlzeiten auf den Ahornsirup Farmen angeboten. Generell kann man sagen, dass dort alles mit Ahornsirup gegessen wird. Ich habe mal einige Dinge aufgelistet, die traditionell dort gegessen werden.
- Des Oreilles de crisse: Bacon, der in ganz dünne Scheiben geschnitten wird, wird erst in kochendem Wasser blanchiert und anschließen frittiert. Die Streifen ziehen sich dann zusammen und werden mit Ahornsirup serviert (große Überraschung, eh?)
- Beans au Sirop d’Erable: Bohneneintopf, der mit Ketchup, Molasse und Ahornsirup zubereitet wird. Es sieht den englischen Beans on Toast ähnlich, aber schmeckt deutlich besser. Ich habe es schon einmal probiert und es war super gut, obwohl ich wirklich skeptisch war. Es schmeckt leicht süß und wird hier entweder mit Brot oder ohne Beilage gegessen.
- Des Oefs dans Sirop: Okay, das ist glaub ich jetzt wieder so ein Fall von „Hauptsache Ahornsirup oben drauf“, Rührei mit Ahornsirup. Ich finde es ekelhaft und kann es überhaupt nicht empfehlen…
- Pudding Chomeur: Desserttime! Das ist eines der süßesten Sachen die ich je gegessen habe… Pudding Chômeur ist ein traditionelles frankophones Dessert, dass aus einer Art Butterkuchen besteht, der mit einer Creme aus Sahne und Ahornsirup übergossen wird. Das wird dann gebacken und man erhält einen Ultra-süßen Kuchen. Frei übersetzt bedeutet Pudding Chômeur Bettler Pudding und er wurde in der Weltwirtschaftskrise erfunden.
- La Tire dans la Neige: Ich habe das beste (und ungesündeste) zum Schluss aufgehoben: Ahornsirup im Schnee! Man kocht den Ahornsirup noch etwas mehr ein, sodass er eine sehr dickflüssige Konsistenz erreicht. Anschließend sucht man sich frischen, sauberen Schnee und drückt den z. B. in einer Schüssel fest. Dann wird die heiße Ahornsirupmasse in den Schnee gegossen und man kann dann mit einer Gabel oder einem Stäbchen die Masse zusammenkleben und wie eine Art Lolli essen. Das Zeug war aber so süß, dass ich nur sehr wenig davon essen konnte. Ich schätze, meine Gastbrüder waren schon abgehärtet…
Generell kann ich sagen: Alles mit Ahornsirup und alles ist sehr süß. Ich hatte in den letzten Monaten die Möglichkeit, einiges auszuprobieren und habe mal zwei Rezepte verlinkt, falls jemand nachkochen möchte, die Rezepte sind alle auf englisch:
- Beans: https://www.ricardocuisine.com/en/recipes/5043-slow-cooker-baked-beans-with-maple-syrup-
- https://www.allrecipes.com/recipe/267358/pouding-chomeur/
Ich wiederhole mich sehr gern:
„Gelber Schnee ist bäh…..!“
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